Nun sind wir also auf Zanzibar, eine Insel, die Sehnsüchte weckt.
Geschichten von Piraten, exotische Gewürze, kilometerlange, weiße Sandstrände, türkisblaues Wasser, Palmen – das Urlaubsparadies schlechthin.
Normalerweise. Es ist Regenzeit. Die Hotels, vor allem entlang der Strände, sind wenig belegt, die Anzahl der Einheimischen, die gerne eine Geschäft mit den Urlaubern machen würden, dagegen sehr hoch.
Hier sind wir keine „Falangs“ mehr, nun sind wir „Mzungu“, Fremde, Weiße, Reiche.
Um uns das Ankommen zu erleichtern und Zeit zu haben uns auf dieses neue Land einzustellen, verbringen wir einige Tage in einer Lodge am Strand, fernab von irgendwelchen Herausforderungen. Ruhe, Strand, Baden, Entspannen, so stellen wir es uns vor. Leider geht unsere Rechnung nicht ganz so auf, wie wir uns erhofft hatten. Statt Baden und Schnorcheln erwartet uns der Regen. Kaum ein Tag vergeht, an dem wir nicht in einen Regenschauer geraten.
Als uns der Regen im Dorf überrascht, stellen wir uns unter bei einem verfallenen Haus, zusammen mit einigen Kindern, die uns neugierig betrachten. Als der Regen ein wenig nachlässt – für unsere Wahrnehmung regnet es nach wie vor in Strömen - gehen die Kinder wieder ihres Weges. Auch wir geben irgenwann auf. Es wird nicht der einzige Tag sein, an dem wir völlig durchnässt wieder in unserer Unterkunft ankommen. Wäsche waschen und trocknen – eine echte Herausforderung.
Zur großen Freude der Kinder gibt es in der Lodge eine Menge Katzen, die sich gerne streicheln lassen und sehr spielfreudig sind. Sie genießen die Zeit hier sehr. Kein Regen kann ihre Laune nachhaltig trüben. Ein großes Glück.
Im Dorf in der Nähe bekommen wir nur das Nötigste an Lebensmitteln, dafür jede Menge Angebote der Einheimischen. Bootsfahrt gefällig? Taxi nötig? Oder vielleicht Hennatatoos? Andere Wünsche? Auf Schritt und Tritt werden wir angesprochen. Eine anstrengende Übung für mich, möchte ich doch freundlich sein, und trotzdem nichts von alldem, was mir angeboten wird.
Was uns auf der Insel auch überall begegnen wird, ist „Hakuna Matata“, das uns alle immer wieder mit einem Lächeln zurufen. „Hakuna Matata“, was so viel bedeutet wie „keine Probleme“, scheint das Motto der Insel zu sein, auch wenn sich die Menschen und ihr Leben für mich nicht so leicht anfühlen, wie der Satz vermuten lässt.
In der Nebensaison kümmert sich niemand um die Strände. Es liegen viele Scherben und anderer Müll herum, die wir auf unserem Weg ins Dorf fleißig einsammeln. Am Strand spielen jede Menge Jungs Fußball. Als wir uns nähern, kommt eine ganze Schar Kinder angerannt. „Karamela, Karamela“, rufen sie und greifen nach der Tüte mit den Scherben. „No Karamela“, versuche ich sie noch zu stoppen, da greift der Erste schon hinein und schreckt sofort zurück, weil er die Scherben gespürt hat. Zum Glück schneidet er sich nicht, aber es ging zu schnell, ich konnte nicht mehr reagieren.
Welch eine Umstellung!
Der Sprung von Asien nach Afrika fällt mir nicht leicht. War in Asien die Mehrzahl der Menschen – mit Ausnahme der Taxifahrer – höflich zurückhaltend, ist der Kontakt mit den Menschen hier viel direkter, unmittelbarer, distanzloser. Für mich eine anstrengende Aufgabe, darin stabil zu bleiben und meine Grenzen zu setzen.
Die Landschaft und die Menschen hingegen zieht mich sofort in ihren Bann. Das Licht, die Farben, die Kontraste wechseln so schnell und dramatisch wie das Wetter.
Kinder gehen am Strand entlang zur Schule, Frauen sammeln bei Ebbe Muscheln im seichten Wasser, Männer kommen und gehen mit ihren Booten. Die bunten Farben ihrer Kleider stechen heraus, auffällig und leuchtend.
Während das glatte Wasser türkis leuchtet, braut sich ein Unwetter über dem Meer zusammen, dazwischen eine Dau – eines der für hier typischen Segelschiffe – mit gesetztem Segel und bunt gekleideten Männer darin, die der Natur und ihrer Drohung zu trotzen scheinen.
Ein Wechsel der Gefühle. Immer wieder bin ich fasziniert und hingerissen von dem, was ich sehe und erlebe, gleichzeitig bin ich angespannt, kämpfe mit der Umstellung und mit der Isolation, die ich hier empfinde.
Nichts kann ich tun, um hier nicht aufzufallen. Unsichtbar zu sein ist hier unmöglich.
Dies bekommen wir deutlich zu spüren, und es wird uns auf der ganzen Reise durch Tansania begleiten.
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