Unser Besuch in Luang Prabang steht ganz im Zeichen des Neujahrsfestes.
Drei Tage lange gibt es kaum eine Möglichkeit, trocken durch die Stadt zu kommen. Überall haben die Menschen Getränkestände aufgebaut, an den Straßen stehen Fässer, die ständig mit Wasser nachgefüllt werden, drumherum eine Menschentraube, bewaffnet mit Bechern, Töpfen, Pump Guns, um jeden nass zu spritzen, der vorbeikommt.
Am ersten Tag gibt es morgens einen großen Markt in der Stadt, über den wir uns mit tausenden Anderen schieben. Es wird alles mögliche angeboten. Viele Kleiderstände und Andenkenverkäufer wechseln sich ab, aber auch filigrane Papierarbeiten, wasserdichte Taschen, Holzarbeiten und Papiersonnenschirme finden sich. Ein buntes Treiben. Neben Neujahrs-T-Shirts in allen Größen, Farben und Varianten, werden viele kleine Vögel in bunten kleinen Körbchen verkauft. Sie verheißen Glück, wenn man sie freilässt. Für diese kleinen Wesen, die in ihren viel zu kleinen Käfigen aufgeregt hin und her flattern und oft einfach in der Sonne stehen, eine wahre Qual.
Abends finden wir auf dem Berg, der sich in der Stadt erhebt, die kleinen leeren Käfige wieder.
Jeden Tag finden während der Neujahrsfeierlichkeiten morgens und abends Märkte statt, die die Besucher zum Kaufen verführen. Es ist großes Auf- und Abbauen in den Straßen, die tagsüber für die Wasserschlachten frei sein sollen.
Dann beginnt der nasse Spaß. Nach kurzer Zeit bereue ich, dass ich mir weder eine Wasserpistole noch eine wasserfeste Tasche zugelegt habe, aber wir wissen uns zu helfen. Bewaffnet mit Wasserflaschen ziehen wir durch die Stadt. Vor nichts und niemandem wird Halt gemacht. Autos, Pickups und Lastwagen, die Ladeflächen gefüllt mit Menschen und Wasserbehältern, fahren langsam durch die Stadt und liefern sich Wasserschlachten an jeder Ecke. Manche Stände haben ihr Wasser extra gekühlt, um ihre Opfer zu überraschen und für kurze Zeit außer Gefecht zu setzen. Ein fieses Gefühl, Eiswasser über den Rücken geschüttet zu bekommen. Das Spektakel ist eine willkommene Erfrischung für alle bei der Hitze.
Reiner Zuschauer zu bleiben ist unmöglich. Über kurz oder lang erwischt es jeden. Wir positionieren uns schließlich an einer Ecke, durchnässen, was immer des Weges kommt und bekommen selbst jede Menge Wasser ab. Eine ältere Dame, unterwegs mit Sohn, Schwiegertochter und Enkelin, sitzt am Rand und bleibt lange Zeit unbehelligt, bis sie ihrerseits die Attacke beginnt und hinterrücks mit Wasser angreift. Der Krieg ist eröffnet, die Schonzeit vorbei. Sie hat keine Chance. Innerhalb kürzester Zeit ist sie völlig durchnässt und ziemlich aufgebracht, wollte sie doch gerne trockenen Fußes den Schauplatz verlassen und nur aus dem Hinterhalt ein wenig mitmischen. Die Enkelin soll als Rachewerkzeug herhalten und das Wasser abdrehen, aber auch sie möchte lieber weiter spritzen und teilhaben an dem Spaß. Nach einer nassen Auseinandersetzung verlässt Oma schließlich die Bühne. Wer nicht einstecken kann, sollte nicht austeilen. Aber ehrlich gesagt wirkte sie während des Wasserkampfes sehr engagiert und aktiv, voller Energie und Motivation, sich zu rächen und zu erwehren. Ich bin mir sicher, es wird eine besondere Erinnerung für sie werden und eine Geschichte, die sie gerne erzählen wird. Jetzt, da sie wieder trocken ist.
Das Neujahrsfest besteht nicht nur aus den Wasserschlachten, sondern auch aus buddhistischen Ritualen, um die verbrauchten und unerwünschten Energien des letzten Jahres aufzulösen, alles zu reinigen und zu erneuern und für das kommende Jahr mit guten Energien aufzuladen.
Unter anderem werden auch alle Buddhafiguren gewaschen, die sich in den Tempeln befinden. Die Menschen bringen Opfergaben dar, um sich Glück, Wohlstand und Gesundheit für das kommende Jahr zu sichern.
Es findet eine große Parade statt, bei der die Mönche und andere Gruppen teilnehmen. Während sie durch die Stadt gehen, werden sie nass gespritzt, auch sie werden so vom Schmutz des alten Jahres befreit und rein gewaschen.
Den Schluss bildet eine Gruppe, die den ganzen Müll wieder einsammelt, der während der Parade produziert wurde. Sie setzen sich aktiv für eine saubere Stadt ein, bisher allerdings nur mit mäßigem Erfolg. Was ihnen jedoch gelingt, ist die Aufmerksamkeit für ihr Anliegen zu wecken, ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Mitten in der Stadt erhebt sich ein kleiner Berg, auf dessen Spitze sich ein Tempel befindet. Abends wollen wir hinauf steigen, um den Sonnenuntergang zu genießen. Und wir sind nicht die Einzigen. Wir im Kino sitzen die Menschen auf den Mäuerchen und Treppenstufen und warten auf die Vorstellung, als wir oben ankommen. Wir finden noch ein Plätzchen, lassen uns nieder und ich bestaune diesen Trubel, der sich einzig und allein des Sonnenuntergangs wegen hier abspielt. Manche erklimmen sogar den Tempel, um eine bessere Sicht zu haben und sich weniger gestört zu fühlen von all den anderen „Falangs“, die sich hier versammelt haben, sehr zum Ärger der Einheimischen, für die ihre Tempel heilig sind und deren Unversehrtheit vehement eingefordert wird. Nur unwillig beugen die Backpacker sich dem Einspruch der Einheimischen, aber sie steigen schließlich von ihrem Sonderplatz herunter.
Hier ein kleiner Eindruck von der großen Show.
Ein besonderes Erlebnis für unsere Gaumen wird der Besuch im „Tamarind“, einem Restaurant am Ufer des Nam Khan. Statt der gängigen Curry- und Reisgerichte werden dort ganz besondere Speisen gekocht und angeboten. Der Service ist unglaublich strukturiert und diszipliniert, was wir in Laos bisher sehr selten erlebt haben. Alle Kellner sprechen Englisch, helfen, die Speisekarte zu verstehen und erklären, wie man sich ein Essen zusammenstellt. Die Zutaten sind für mich zum Teil sehr überraschend. Es werden Bambuschips und getrockneter Seetang gereicht, in einem der Dips ist Büffelhaut verarbeitet und andere Zutaten, auf die ich lieber verzichte. Auch die Fischsauce begegnet uns hier wieder, allerdings in bisher ungeahnter Strenge. Das Geschmackserlebnis ist beeindruckend und mit den vielfältigen und unbekannten Geschmacksrichtungen eine echte Herausforderung für meinen Gaumen. Ich kann nicht sagen, dass alles sehr gut schmeckt, es ist tatsächlich eine Herausforderung für meine gewöhnten Geschmacksnerven, sich mit diesen neuen Erfahrungen auseinanderzusetzen, aber es ist überraschend und völlig neu. Wir kommen wieder.
Und entscheiden uns schließlich, einen Kochkurs zu belegen.
Wie zaubert man solche Speisen?
Welche Zutaten braucht es, um derartige Geschmacksexplosionen auszulösen?
Unser Kochkurs beginnt mit einem Besuch auf dem lokalen Markt. Unser Kochlehrer erklärt uns, welche Gewürze und Zutaten es braucht, welches des der richtige Reis ist, wir gehen durch die Fisch- und Fleischstände, von deren Geruch mir ganz schwindelig wird. Verarbeitet wird hier alles. Das Fleisch von gestern, das schon recht streng riecht, wird morgens vorbereitet zum Trocknen. Es gibt getrocknete Haut, getrocknete Schwarte, Magen, Darm und zugehörige Flüssigkeiten, Füße, Köpfe, alles. Sogar getrocknete Eichhörnchen kann man kaufen, die wir für unser Essen zum Glück nicht brauchen. Wir sehen und riechen die Fischsauce, auch sie bestens dazu geeignet, mir den Magen herum zu drehen. Der Markt selbst ist spannend und vielseitig, eng und voll. Kaum „Falangs“, abgesehen von unserer Gruppe Kochschülern.
Unsere Lehrküche ist außerhalb der Stadt. Inmitten von ruhigem idyllischem Grün stehen wir nun an unseren Tischen – immer zwei Kochschüler zusammen – und beginnen mit Tomaten- und Auberginen-Dips. Die Zutaten kommen alle in einen Tonmörser und werden mit dem Stößel zu einer Masse zerstampft. Unser Lehrer zeigt jedes Gericht einmal, dann holen wir unsere Zutaten ab und beginnen unter seiner Aufsicht und mit seiner Hilfe, das Gesehene selbst umzusetzen. Mein letzter Kochkurs liegt circa 26 Jahre zurück. Damals lernte ich, Pizza, Spaghetti Bolognese und Traubenmousse selbst zu machen. Nun stehe ich in Luang Prabang und versuche, einen Zitronengrasstengel so aufzuschneiden, dass ich ihn anschließend zu einem Körbchen formen und mit Kartoffel-Glasnudel-Pilz-Mus füllen kann. Beim zweiten Versuch gelingt es auch mir.
Schön gibt es zu jedem Gericht auch eine vegetarische oder eine Alternative mit Fisch, das erweitert die Variationsmöglichkeiten enorm.
Gekocht und gebraten wird über Holzkohle, jeder an seinem eigenen kleinen Tonofen.
Wie lange wir genau kochen, ich weiß es nicht. Ein Gericht kommt nach dem anderen, am Schluss noch ein Nachtisch, dann ist unser Menü vollständig.
Fast ein bisschen zu müde und zu vollgefüllt mit neuen Informationen bin ich, um zu essen, aber der Hunger kommt ja bekanntlich beim Essen.
Zu Tisch!
Am letzten Tag machen wir uns noch auf, die Wasserfälle von Kuang Si zu besuchen. Im Minibus, der uns dorthin bringt, treffen wir auf eine Frau, die wir in Siem Reap zum ersten Mal getroffen haben, und die uns in Don Det erneut begegnet ist. Sie ist sehr redselig und für meinen Geschmack zu aufdringlich, als dass ich mich über das erneute Wiedersehen freuen könnte.
Ist das denn die Möglichkeit? Da gibt es so viele nette Menschen auf der Welt und wir werden von dieser Heimsuchung verfolgt!
Sie erkennt uns sofort, lässt einen Freudenschrei fahren und erschreckt mich bis ins Mark. Zum Glück findet sie gleich ein anderes Opfer, dem sie ihre Geschichten erzählen kann. Die ganze Fahrt über. In einer Lautstärke, dass man es nicht überhören kann, so sehr man es auch versucht. Bei den Wasserfällen angekommen, ergreifen wir sofort die Flucht. Das Interesse an weiteren Gesprächen mit ihr ist minus 10.
Landschaftlich sind wir im Paradies gelandet.
Türkis leuchtet das Wasser in den verschiedenen natürlichen Becken, am Ende des Weges ein wunderschöner Wasserfall, alles umgeben von Schatten spendendem Grün. Auch die vielen Besucher können die Stimmung nicht trüben. Alle scheinen von diesem Zauber erfasst zu sein. Trotz der vielen Menschen ist es erstaunlich ruhig und friedlich. An manchen Stellen darf man baden, das Wasser ist erfrischend kühl und belebend nach der Fahrt. Wir genießen die Zeit, die wie im Flug vergeht, in vollen Zügen.
Abends verlassen wir Luang Prabang wieder mit dem Bus in Richtung Vientiane.
Unsere Zeit in Laos und Asien geht nun deutlich ihrem Ende entgegen. Von dort aus werden wir noch einmal nach Bangkok reisen.
Es wird unsere letzte Station in Asien sein.
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