Nach Surat Thani ist Koh Phangan ein Schock. Mein erster Kulturschock, seit wir unterwegs sind.
Hier sind zu viele Besucher und zu wenige Einheimische.
Der Tag fängt schon seltsam an, weil unser bestellter Taxifahrer uns nicht zum neuen Busbahnhof bringt, sondern in die Stadt fährt. Seinen Irrtum erkennt er erst, als er uns am vermeintlichen Ziel absetzen will. Zähneknirschend fährt er die ganze Strecke wieder zurück und rauscht nach dem Ausladen grußlos und wütend davon.
So unwillig habe ich bisher noch keinen Thai erlebt.
Die Busfahrt zur Fähre geht vorbei an Kokospalmen- und Kautschuk-Plantagen.
Am Pier geht der Stress weiter, weil wir den Arbeitern auf der Fähre nicht schnell genug einsteigen. Sie reden auf uns ein, zerren an unseren Rucksäcken. Ich werde laut und wehrhaft, als einer von ihnen Sontje auf den Rucksack schlägt, damit sie schneller hinein geht.
Obwohl das Meer nicht sehr wild aussieht, schaukelt unsere Fähre doch ordentlich auf und ab. Vorsorglich werden Spucktüten verteilt, die leider in einigen Fällen das Inferno trotzdem nicht verhindern können. In Koh Samui, unserem ersten Halt, werden einige Seekranke von Bord geführt, blassgrün im Gesicht und auf wackeligen Beinen.
Den zweiten Teil der Fahrt bleiben wir draussen auf Deck, genießen den Wind, die Wellen und die frische Luft.
In Thongsala angekommen, versuchen wir, ein Taxi zu finden, das uns die kurze Strecke bis zu unserer Unterkunft bringt. Die Preise sind jedoch so hoch und die Taxifahrer so uneinsichtig, dass wir schließlich laufen.
Thongsala wirkt auf den ersten Blick wie ein Ort, gemacht für Touristen. Souvenirläden reihen sich ein in die Vielzahl von Bars, Cafés und Restaurants, die alle damit werben, europäisches und amerikanisches Essen anzubieten, vom Frühstück über die Pizza bis hin zu Käspätzle und Schnitzel mit Pommes.
Zum Glück ist unsere Unterkunft weiter weg von diesem Trubel, von dem ich mich erst einmal erholen muss. Dass die Insel sehr beliebt ist, war mir klar, dass die Auswirkungen jedoch so immens sind, habe ich mir nicht vor Augen geführt.
Unsere Unterkunft, eine Hütte am Strand, hat einen tollen Ausblick. Hier kommen wir erst einmal an.
Die ersten Tage verstecken wir uns ein wenig in unserer Hütte. Ab und zu gehen wir in den Ort, kaufen ein und suchen uns einen Platz, an dem wir essen können. Ansonsten treiben wir uns am Strand herum, gehen baden, erkunden die nähere Gegend.
Koh Phangan ist die Insel der Roller. Fast jeder mietet sich hier einen, um unabhängig von den Taxis die Insel erkunden zu können.
Auch wir mieten uns zwei Roller, um von der Insel noch einen anderen als den ersten Eindruck zu gewinnen.
Unser Ausflug Richtung Haad Rin, dem Strand, an dem die berühmt berüchtigten Vollmondparties stattfinden, ist kurz und langweilig. Wir finden keinen direkten Zugang zum Strand außer einem recht verdreckten. Ansonsten reihen sich hier die Ressorts aneinander.
Immerhin kommen wir auf dem Rückweg in den Genuss von thailändischer Küche in einem einfachen Straßenlokal, das wir ein weiteres Mal besuchen werden. Sie sind auf ausländische Gäste eingerichtet, wie fast jedes Lokal hier auf der Insel. Viele Speisekarten sind bebildert oder mehrsprachig.
Neben der Küche – ein zusammengestelltes Arrangement aus Tischen, Kochern, Kühlschränken, Lebensmitteln und Behältern aller Art – hängt eine Stange, auf der der Hahn des Hauses schläft, wenn er nicht gerade zwischen den Tischreihen herum stolziert auf seinen viel zu kurzen Beinen.
Ein Großteil der Familie ist in das Restaurantgeschehen eingebunden. Auch die Kinder helfen mit, bedienen und wischen die Tische ab, wenn sie von der Schule nach Hause kommen. In der Toilette stehen die Zahnbürsten und Waschutensilien der Familie, wir nutzen also das Badezimmer der Familie mit. Den Weg dorthin säumen verschiedene Tüten und Ständer mit Klamotten in verschiedenen Größen, die „Kleiderschränke“. Dann kommt der Spülplatz des Lokals – mehrere große Schüsseln mit Wasser, vor denen die Frauen hocken und das ganze Geschirr spülen, das anfällt. Zum Trocknen wird es auf leeren Tischen ausgebreitet, dann wieder in der „Küche“ verräumt.
Diese Einfachheit und Reduktion auf das Wesentliche, die Lösungen, die die Menschen für sich finden, um sich in ihrem Leben und den Umständen einzurichten, beeindruckt mich immer wieder. Und natürlich ist mir bewusst, dass die Menschen es sich anders wünschen würden, hätten sie die Möglichkeit zu wählen.
Ein anderer Ausflug führt uns an der Küste entlang in den Nordwesten der Insel. Wir landen am North Beach, der uns auf Anhieb sehr gefällt. Hier hängt die wohl am meisten fotografierte Schaukel der Insel an einer schiefen Palme am Strand. Sehr romantisch. Jeder setzt sich darauf und lässt sich ablichten oder macht ein Selfie mit unterschiedlichsten Gesichtsausdrücken, Posen, mit und ohne Sonnenbrille...
Die Stimmung ist sehr angenehm, alle sind entspannt und entschleunigt, ein guter Ort, um noch ein paar Tage auf der Insel zu verbringen. Wir beschließen, einige Tag zu verlängern und mieten uns in einer kleinen Hütte direkt am Strand ein.
Hier sehen wir zum ersten Mal die tierischen Erntehelfer bei ihrer Arbeit. In einem Kokospalmen-Plantage arbeiten mehrere Männer mit ihren Affen und ernten Kokosnüsse. Die Affen klettern flink die Stämme hoch und werfen eine Nuss nach der anderen herunter. Ein Schauspiel, das nicht nur wir gespannt beobachten.
Ganz im Nordwesten liegt die kleine Insel Koh Ma. Sie ist bei Ebbe über eine Sandbank erreichbar und bietet ganz nah am Strand gute Möglichkeiten zum Schnorcheln. Nachdem wir unsere Taucherbrillen und Schnorchel - eine der wenigen Luxus-Gepäckstücke, die wir uns leisten - nun schon die ganze Zeit mitschleppen, kommen sie nun endlich zum Einsatz.
Die Wasserwelt, die wir sehen, ist grandios, zumal wir bisher wenig Schnorchel-Erfahrung haben und leicht zu begeistern sind. Das Wasser ist vollkommen klar. Bunte Fischschwärme in allen Größen und Farben tummeln sich im Wasser zwischen den verschiedenen Korallen, die hier wachsen. Wir sehen Riesenmuscheln mit wunderschön gemusterten Mantellappen, die sich um die Muschelöffnungen herum ausbreiten wie bunte weiche Tücher.
Hornhechte schwimmen in kleinen Gruppen direkt unter der Wasseroberfläche, sie glänzen im Sonnenlicht wie silberne Pfeile. Überall sind Diadem-Seeigel, oft mehrere zusammen, die mit ihren langen Stacheln sehr beeindruckend aussehen.
Ich komme mir vor wie im Tropen-Aquarium von Hagenbeck.
Bei all dieser Vielfalt vergessen wir völlig die Zeit, lassen uns über dieser schönen fremden Welt treiben und beobachten staunend das bunte Treiben unter uns.
Ausklingen lassen wir diesen wundervollen Tag am Strand bei Fruchtshake und Sonnenuntergang,
reich beschenkt.
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annessa (Dienstag, 28 Februar 2017 09:01)
Welche Eindrücke für euch alle! Wirklich reich beschenkt. Lasst euch umarmen und wiedermal freue ich mich, dass du uns so eindrücklich teihaben lässt.
Liebe Grüße