Surat Thani

Unsere erste Nachtbus-Erfahrung wartet auf uns. Wir sind auf dem Weg in den Süden Thailands, nach Suratthani.

 

Die freundliche Busbegleiterin säuselt auf thailändisch einige Informationen ins Mikrofon, bevor sie Getränke und Snacks verteilt.

Wirklich bequem und erholsam wird die Fahrt nicht, obwohl wir mit Decken und Kissen versorgt werden und die Pause , die mitten in der Nacht eingelegt wird, leise und sanft angekündigt wird. Aber wir kommen planmäßig früh morgens am Busbahnhof von Suratthani an.  

Unsere erste Station ist ein Straßenstand, zu dem wir vor den TukTuk- und Taxifahrern flüchten, die um die Neuankömmlinge herumschwirren und versuchen, eine Fahrt in die Stadt zu ergattern.

In dem kleinen Laden kann man sich mit allem möglichen eindecken, vom Benzin, das in Flaschen abgefüllt ist, bis zu einzelnen Rollen Toilettenpapier.

Es gibt auch Frühstück, Fettgebackenes – gesprochen wird es „Bathongkho“ - und Schwarztee. Mit viel Geduld und geübten Handgriffen bereitet sie den Eistee zu, den wir in Thailand überall finden werden. Immer wieder gießt sie den Tee durch das Sieb mit den Teeblättern, bis er die richtige Färbung hat. Dann kommt eine ordentliche Portion gesüßte Kondensmilch dazu und Eiswürfel. Es schmeckt süß und klebrig und macht wach.

 

Die Frauen, die dort arbeiten, verstehen und sprechen kaum englisch, aber sie sind sehr hilfsbereit und fürsorglich. Eine Frau zeigt uns, wie sie den Teig für Bathonkho knetet, rollt und auseinanderzieht. Dann schneidet sie kurze Streifen, klebt immer zwei mit Wasser zusammen und wirft sie ins heiße Fett. Sehr lecker!

Schließlich besorgen sie uns sogar einen Fahrer, der uns zu unserer Unterkunft bringt.

 

Dort angekommen beziehen wir unsere neue Bleibe, etwas außerhalb der Stadt, direkt am einem der zahlreichen Seitenarme des Flusses Tapi, mit Blick auf den Dschungel gegenüber.

Erstaunlich an diesem Fluss ist, dass er immer wieder seine Fließrichtung ändert. Die kleinen Inseln aus Wasserpflanzen, die auf dem Wasser treiben, schwimmen immer wieder an uns vorbei, mal flussauf-, dann wieder flussabwärts. Leider auch der zwischendurch recht strenge Geruch, der von eingeleiteten Abwässern kommt.

  

Einige Tiere begegnen uns hier.

Ein Leguan, er sich auf einem Bananenblatt sonnt, eine sehr dünne, lange Schlange, mehrere Schönhörnchen, die sich nachts über unsere Bananen hermachen.

 

Morgens kommt eine große Affenfamilie an uns vorbei, die eine Menge Lärm veranstaltet. Der Nachbarshund, der hinüber schwimmt, um sein Jagdglück zu probieren bleibt erfolglos zu unserer Erleichterung. 

Auch die Geräusche, sind neu und ungewohnt. Jede Menge Gezirpe und Gequake begleitet uns abends auf unseren Wegen und schallt nachts über den Fluss zu uns herüber.

 

Suratthani selbst ist recht unaufgeregt und wesentlich weniger frequentiert von Ausländern, als andere Orte in Thailand, die wir noch besuchen werden. die Stadt wird hauptsächlich als Verkehrsknotenpunkt genutzt. Von hier aus fließen die Besucher-Ströme Richtung Krabi und Phuket, weiter in den Süden oder Richtung Koh Samui und Koh Phangan.

 

Durch die Lage direkt am Fluss entzerrt die Enge der Stadt und gibt ihr, zumindest im Zentrum, eine angenehme Weite. An den Ufern sind viele Holzhäuser verstreut, die mit unterschiedlichsten Booten angefahren werden, um Waren zu transportieren und Menschen zu befördern. Die Bootsfahrer bieten auch Touren für Touristen an, auf den Seitenarmen des Tapi.

 

Wir erleben dort  den Nachtmarkt, der einmal die Woche stattfindet, und für den die Straße an der Uferpromenade gesperrt wird, damit all die Stände mit ihren Angeboten Platz finden.

 

Auf der Promenade hat sich eine Art Atelier aufgebaut. Der Stand verkauft Spardosen in unterschiedlichsten Größen und Formen - auch Hello Kitty ist vertreten - an Kinder, die sie dann an kleinen Tischchen mit Farbe bemalen können. Je später der Abend wird, desto mehr füllen sich die Straßen. 

 

Eine Schülergruppe begegnet uns, die uns für ein Schulprojekt interviewt und fotografiert. Woher wir kommen, ob es uns hier in Thailand gefällt, ob uns das thailändische Essen schmeckt. Sie sind verlegen, kichern, sind sehr freundlich und bemüht, und sie freuen sich, als wir ihrer Bitte nachkommen und noch einige Selfies mit ihnen machen. 

  

Hier mieten wir uns zum ersten Mal Motorroller, um beweglicher und unabhängiger zu sein von den Taxi- und TukTuk-Fahrern. Der Linksverkehr ist etwas gewöhnungsbedürftig, aber der Verkehr ist so entspannt, dass das Fahren viel Spaß macht.

 

Auf eigene Faust unterwegs zu sein bringt mir wieder mehr Freiheitsgefühl und vereinfacht unseren geplanten Besuch beim "First Monkey College" enorm.

Seit 1957 trainierte Somporn Saekhow, der Gründer der Schule, Makaken-Affen, die traditionell in der Kokosnussernte als Erntehelfer eingesetzt werden. Das Besondere an seinem Training war und ist, dass seine Trainingsmethode auf das Vertrauen zwischen Mensch und Tier setzt und die Spielfreude der Affen nutzt, um ihnen die notwendigen Fertigkeiten beizubringen, die sie für ihre Aufgabe als Erntehelfer benötigen und nicht, wie üblicherweise, auf Schläge und Gewalt, um die Tiere gefügig zu machen.

 

Seine Tochter Somjaj hat die Schule nun übernommen und empfängt uns sehr freundlich. Wir sind die einzigen Besucher an diesem Tag, denen sie zeigt, wie die Affen ausgebildet werden. 

Schritt für Schritt erklärt sie uns, was die Tiere lernen müssen, um bei der Kokosnussernte eingesetzt werden zu können.

 

Bevor die Grundausbildung überhaupt beginnen kann, muss der Affe sich wohl und sicher fühlen. Das ist der wichtigste und zugleich schwierigste Teil des Trainings. Hat er Vertrauen gefasst, ist er lern- und aufnahmebereit.

 

Anfangs lernen sie, die Nüsse zu drehen. Nur so können sie sie später von der Palme lösen. Dafür ist eine Kokosnuss in einer Kiste befestigt. Zu Beginn des Trainings dreht nicht der Affe die Nuss in der Kiste, sondern der Trainer. Nach einigen Tagen ist das Interesse des Affen so groß, dass er es selbst ausprobieren möchte. Dann kann das Training beginnen. Sie setzt den Affen vor sich und führt seine Hände. Nach kurzer Zeit kann das Tier dies selbstständig.

Sie zeigt uns einen Affen, der erst kurze Zeit bei ihr lernt. Er ist unruhig, probiert es nur kurz, springt dann weg, sie lockt ihn zurück, er dreht die Nuss ein wenig und entzieht sich wieder. Sie zwingt ihn nicht, sondern lässt ihn gehen.

Der zweite Affe beherrscht diesen ersten Schritt der Grundausbildung schon. Er setzt sich an die Kiste und dreht gekonnt die Kokosnuss. 

 

Nun lernen die Affen, die Kokosnuss mit Händen und Füßen zu drehen. Dafür werden Kokosnüsse an einen Stock gehängt, die er so lange drehen muss, bis sie zu Boden fällt.

Für eine Übung nimmt sie die Kokosnuss in die Hand, der Affe springt auf ihren Arm und dreht die Nuss, bis sie sie fallen lässt.

Nun dürfen wir diese Übung mit dem Affen ausprobieren. Er ist erstaunlich leicht, als er mir auf den Arm springt, um die Nuss zu ernten. Mit seinen Armen und Beinen dreht er die Kokosnuss, nach drei Umdrehungen lasse ich sie los. Dann sitzt er auf meinem Arm und lässt sich die Belohnung schmecken.

Auch die Kinder dürfen mit dem Affen üben, eine lustige Erfahrung für sie.

 

Immer wenn die Aufgabe erfolgreich geschafft ist, gibt es eine Belohnung für die Affen, oft in Form von Getränkepäckchen und menschlichem Essen, um sich auch daran zu gewöhnen. Wieder bei ihrem Bauern, werden sie oftmals die gleiche Nahrung bekommen wie die Familie selbst, wie zum Beispiel Curry und andere Reisgerichte.

 

Die nächste Herausforderung ist es, Knoten und Verwirrungen eines Seiles lösen zu können. Die Affen sind bei der Arbeit immer an einer langen Leine. Wenn sich diese in der Palme verheddert, müssen sie sie selbst wieder lösen können. Also lernen die Affen, Knoten zu entwirren – mit großem Erfolg. Während der Affe, die Knoten löst, die wir ihm zur Aufgabe geben, sieht er recht gelangweilt aus – keine ernsthafte Herausforderung für ihn.

 

Der letzte Schritt ist das Ernten an den Palmen. Auf dem ganzen Grundstück stehen Kokospalmen in unterschiedlicher Höhe, an denen die Affen üben können.

Sie lässt einen ihrer sehr gut ausgebildeten Affen in den Baum klettern und Kokosnüsse ernten. Sie sind noch grün, deshalb beschwert er sich und weigert sich anfangs, sie herunterzuholen. Er hat gelernt, dass er normalerweise nur die reifen Kokosnüsse, also die braunen, ernten soll. 

Anschließend sammelt er sie, holt sie aus dem kleinen Teich, in den einige gefallen sind und wirft sie in einen Sack, den sie ihm aufhält.

 

Somjaj nennt diese Basisausbildung, die 3 bis 6 Monate dauert, die "Grundschule". Für einen Kokosnuss-Bauern kostet diese Basis-Ausbildung seines Affen mindestens 6000 Baht, umgerechnet ungefähr 160,- Euro.

 

In der "Secondary School" lernen die Affen, Kokosnüsse aufzuheben und sie in Säcke zu füllen oder dorthin zu tragen, wo der Besitzer sie haben möchte. Um den Affen diese Fertigkeiten beizubringen, dauert es noch einmal drei Monate.

Besonders intelligente Affen, wie der Letzte, den sie uns zeigt, können im Anschluss noch die "High School" absolvieren. Dort kann man ihnen alles beibringen, was für die Arbeit im Kokosnuss-Plantage noch hilfreich sein kann.

 

Ist der Affe gut ausgebildet, ist er für die Bauern ein wertvoller Helfer, auf den sie normalerweise gut aufpassen. 1000 bis 1500 Kokosnüsse kann ein Affe pro Tag ernten, um ein vielfaches mehr, als ein Mensch in der gleichen Zeit ernten könnte und wesentlich billiger als jeder menschliche Mitarbeiter.

 

 

Mit vielen neuen Erfahrungen verabschieden uns von Somjaj, mit dem Versprechen, anderen von ihrer Arbeit zu berichten und von unseren Erfahrungen zu erzählen, damit mehr Menschen ihre Schule kennenlernen und besuchen.

Der Besuch bei ihr ist ein besonderes Geschenk, das ich von Suratthani mitnehme.



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