Wir verlassen Herceg Novi bei Sonnenschein und warmen Temperaturen. Unser nächstes Ziel – Kotor – ist nicht weit entfernt, weshalb wir uns viel Zeit nehmen für die Fahrt.
Kotor scheint mir -
trotz des Titels „Weltkulturerbe“ -
weit genug weg von den Touristenmassen, sodass mir ein Besuch dort lohnend erscheint. Weitere Erfahrungen, wie die in Dubrovnik, will ich keinem von uns zumuten.
Vor Augen habe ich nur den Landweg, den ich für widrig genug halte, dass ihn nicht viele auf sich nehmen werden. Da hat eindeutig die Landratte in mir gedacht...
Die Fahrt an der Bucht entlang bietet immer wieder wunderschöne Blicke auf das Wasser und die umliegenden Berge.
An einer Stelle der Bucht versammeln sich mehrere Segelschiffe auf dem Wasser in der Nähe des Ufers. Wir sind neugierig, was sie wohl anzieht, und halten an. Sobald der Motor verstummt, hören wir ein dumpfes Tosen. Wir steigen aus, nähern uns dem Geräusch und sind sehr gefesselt von dem, was wir vor uns sehen. Mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit bricht ein Fluss direkt aus dem Felsen hervor und stürzt nach wenigen Metern hinunter ins Meer. Der Wasserfall ist nicht besonders hoch, aber die Menge des Wassers und seine Wucht sind tief beeindruckend.
Auch in Kotor mieten wir noch einmal eine Wohnung. Wir beziehen unser Quartier in der Altstadt, nahe eines Stadttores und eines Platzes mit vielen Katzen. Den Bus parken wir vor den Toren der Stadt.
Kotor ist eine Katzenstadt. Es gibt sie überall, in allen Größen und Farben. Die Souvenirläden sind voll von Katzenartikeln, es gibt einen Verein, der sich um die Katzen kümmert und sie - zusammen mit vielen anderen Bewohnern der Stadt - füttert und sogar mit Medizin versorgt. Sogar ein Katzen-Museum gibt es. Sie sind zutraulich, lassen sich gerne streicheln und nehmen jeden sich bietenden Schoß in Beschlag. Und nicht nur den! Sie sitzen und liegen wo sie können und dürfen. Für die Kinder ein Paradies. Sobald wir auf der Straße sind, haben wir massenhaft Katzen um uns herum.
Während wir den Bus parken und ich unsere Sachen für die Wohnung zusammen packe, kommt Christian mit einem Einheimischen ins Gespräch. Er zeigt uns einen schönen Wanderweg, den er uns empfiehlt, wenn wir auf die Festung wandern möchten. Er wäre auch umsonst. Diesen Hinweis verstehe ich in dem Moment nicht, aber seis drum.
Am nächsten Tag mache ich mich mit den Kindern auf den Weg. Am Anfang des Weges finden wir einige Trampelpfade, die dem kleinen Flüsschen folgen, dass dort aus den Bergen fließt. Leider kommen wir dort nicht weiter und kehren auf den richtigen Weg zurück, zur großen Erleichterung eine alten Frau, die uns beobachtet und uns auf montenegrinisch irgendetwas zugerufen hatte. Als wir bei ihr ankommen, erklärt sie uns sehr anschaulich, warum sie so besorgt war. Dort scheint es des öfteren Steinschläge zu geben. Immer wieder hebt sie einen Stein auf und wirft ihn zu Boden, während sie mahnend und ohne Pause auf uns einredet. Ich gebe ihr zu verstehen, dass ich verstanden habe und bedanke mich.
Unser Weg geht weiter.
In Serpentinen arbeitet sich der Pfad den Berg hinauf, und wir mit ihm. Hier hängen noch einige Granatäpfel in den kleinen Bäumen, die von einigen Leuten, die uns entgegen kommen, geerntet werden. Der Blick auf die Bucht von Kotor ist atemberaubend schön.
Während wir auf einer Brücke unsere erste Pause einlegen, läuft ein Kreuzfahrtschiff in die Bucht ein. Wir beobachten, wie die Passagiere Boot für Boot ans Ufer gebracht werden und wissen, dass unsere Ruhe hier oben nun zeitlich begrenzt sein wird.
An zwei Häusern kommen wir vorbei, in denen man einkehren kann. Es sieht gemütlich und einladend aus, trotzdem entschließen wir uns weiterzugehen, wollen wir doch die Burg und den Blick auf die Stadt noch genießen, ohne ihn mit den Massen teilen zu müssen.
Bevor wir auf den Hauptweg gelangen, treffen wir auf eine ehemalige kleine Siedlung. Bis auf eine kleine Kapelle ist kein Haus mehr intakt. Nur noch die Ruinen stehen beieinander und erzählen von anderen Zeiten. Ob diese Häuser wohl bei den schweren Erdbeben eingestürzt sind, die 1979 auch große Teile der Altstadt stark beschädigt haben? Wir wissen es nicht.
Unser Weg führt uns schließlich zur Stadtmauer, die sich von der Stadt aus den ganzen Berg hinauf bis zur Festung zieht. Durch ein Loch in der Mauer gelangen wir auf den Hauptweg. Die Festung selbst ist bis auf ihre exponierte Lage nicht sonderlich interessant, aber der Blick von oben auf die Altstadt hinunter und weit über die Bucht ist sehr beeindruckend.
Der Abstieg gestaltet sich unfreiwillig spannend, weil ich an einer Stelle den falschen Abzweig wähle. Auf der Karte ist ein weiterer Weg eingezeichnet, der an einer Kapelle vorbei führen soll. Als der Weg etwas schmaler wird, denke ich mir noch nichts Böses dabei. Statt des befestigten und gesicherten Weges finden wir uns jedoch plötzlich auf einer schmalen Treppe ohne Geländer wieder. Links und rechts geht es steil hinunter zur Altstadt. Umkehren ist nicht mehr möglich, dafür sind wir schon zu weit. Also gehen wir langsam weiter. Die Kinder sind absolut sicher und ruhig, wir meistern unseren kleinen Abstecher mit Bravour, aber ich bin heilfroh, als wir einen kleine Platz erreichen, von dem aus ein Pfad - mit Mäuerchen zwischen uns und dem Abgrund - zum Hauptweg zurückführt.
Dann kommt uns die Meute entgegen. Mit Stöckelschuhen, Flipflops und Selfiesticks ausgestattet, erklimmen sie den Berg, um sich vor der Bucht von Kotor selbst zu inszenieren. Ich bekomme trotz Sicherheitsabstand auf unserem restlichen Abstieg mindestens 6 Selfiesticks an den Kopf und in den Nacken. Ernüchterndes Ende einer wunderschönen Wanderung.
Am Ende unseres Weges verstehe ich dann auch den Hinweis: “Der Wanderweg ist kostenlos.“ Tatsächlich werden jedem Aufstiegswilligen am Anfang des Weges 3,- Euro abgeknöpft.
Im Gegensatz zur Stadtmauerbegehung in Dubrovnik aber noch ein richtiges Schnäppchen.
Die Altstadt selbst erschlendern wir uns abends, nach Ablegen des Kreuzfahrtschiffes. Die Gässchen, Häuser und Plätze sind fast leer, bis auf die vielen Katzen, die nach wie vor unterwegs sind und ihre Stadt nun wieder ganz in Beschlag nehmen.
Nur ein paar Engländer sorgen bis in die frühen Morgenstunden mit ihrem Gegröle und ihren feuchtfröhlichen Gesängen für Unterhaltung.
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annessa (Samstag, 19 November 2016 10:12)
Hallo Ihr Lieben, so viele schöne Reiseeindrücke. Die Welt ist einfach schön :-)).
In Japan gibt es eine Katzeninsel.
Liebe Grüße